Karriere-Interview mit Đorđe
„Laut Familienlegende wollte ich mit fünf die Welt sehen. Und hier bin ich nun: 31 Jahre alt, seit 8 Jahren Seefahrer und habe bereits 120 Länder bereist! Vor jedem neuen Vertrag bin ich aufgeregt und kann vor lauter Vorfreude nicht schlafen. Das ist das schönste Gefühl. Eine Woche bevor ich in den Flieger einsteige, freue ich mich tierisch. Ich habe schon gepackt und alles dreimal gecheckt. Und ich kann kaum erwarten, bis ich aufwache und es losgeht.“ - Đorđe
Stell dich doch bitte einmal kurz vor und erzähl uns, welche Verantwortlichkeiten du in deiner Position an Bord hast.
Đ: Mein Name ist Đorđe. Ich komme aus Serbien und arbeite als Rezeptionist/Documentation Purser. Gemeinsam mit dem Chief Purser, oder auch Zahlmeister, bin ich für die Dokumente der Crew-Mitglieder zuständig. Vormittags unterstütze ich mein Team an der Rezeption und abends arrangiere ich im Backoffice die Dokumente und kümmere mich um das Planning der zukünftigen Einsteiger.
In meiner Position arbeite ich mit allen Positionen an Bord zusammen, sogar mit dem Kapitän, denn manche Dokumente müssen auch von der Brücke unterschrieben werden. Der Unterschied zwischen einem Hafen- und einem Seetag ist dabei groß. An einem Seetag kommen die Gäste viel häufiger an die Rezeption und haben mehr Fragen bezüglich des Schiffs, der Angebote und der nächsten Ausflüge.
Meine Ausbildung habe ich in Wien an der Tourismus School Modul gemacht. Danach war ich auf den Flussschiffen im Restaurant im Service-Bereich tätig. Auf den größeren Schiffen hatte ich dann die Möglichkeit, an die Rezeption zu wechseln. Nach mehreren Einsätzen durfte ich mir den Einsatzort aussuchen und habe mich für das Expeditionsschiff entschieden.
Was ist das Besondere an der Expeditionsflotte?
Đ: Die Destinationen Arktis, Antarktis, Südsee – das hat alles so gut geklungen und die meisten Großstädte habe ich schon gesehen. Es ist ein unglaubliches Gefühl, mit den Gletschern, Pinguinen und Seerobben, die vielleicht 20 Meter vom Schiff entfernt auf der Eisscholle zu sehen sind, eins zu sein. Als ich meinen Job anfing, dachte ich, dass ich kaum Zeit haben werde, mir das alles anzuschauen, aber mit der engen Absprache innerhalb der Crew, hat wirklich jeder die Möglichkeit, das alles zu erleben.
Mit den Zodiacs kommen wir zudem zu den abgelegensten Orten der Erde, wo das Kreuzfahrtschiff nicht hinkommt und auch nicht hindarf. Der Zodiac-Führerschein hat mir noch so viel mehr Freiheit ermöglicht. Es ist ein großes Privileg, die Gäste vom Schiff durch die Naturgewalten oder zu ihren Ausflügen an Land zu fahren.
Was macht den Job an Bord so besonders?
Đ: Ich würde sagen, jeder Tag ist anders, obwohl es derselbe Job ist und die Aufgaben gleich sind. Aber dadurch, dass wir immer wieder neue Gäste sowie neue Crew haben und neue Destinationen anfahren, ist jeder Tag anders. Ich mache diesen Job wirklich sehr gerne. Wenn ich zu Hause bin, bin ich gelangweilt und freue mich über Abwechslung. Hier auf See passiert einfach immer etwas und man hat jeden Tag neue Eindrücke.
Die Gäste sind anders im Vergleich zum Land. Auf dem Schiff sind sie meistens entspannter, weil sie tagsüber tolle und außergewöhnliche Touren machen. Dann kommen sie ganz begeistert auf das Schiff zurück und erzählen der Crew, welche beeindruckenden Momente sie im Laufe des Tages erlebt haben. Durch die Größe des Schiffs haben wir die Möglichkeit, uns in den verschiedenen Fachbereichen sehr eng mit den Gästen auszutauschen.
Welche Voraussetzungen sollte man für einen Job an Bord mitbringen?
Đ: Man braucht vor allem gute Kommunikationsfähigkeiten. Wir arbeiten vier Monate am Stück jeden Tag eng zusammen und müssen als Team funktionieren. Man sollte die Leidenschaft für das Abenteuer und die Natur mitbringen und für das Entdecken und Erlernen neuer Dinge, die man nicht erwartet hat, z. B. von unterschiedlichen Tierarten sowie was wir als Menschen für die Natur machen können. Außerdem wird eine abgeschlossene Ausbildung in der Hotellerie und Gastronomie benötigt.
Was war dein World. Class. Moment. an Bord?
Đ: In meinen 8 Jahren an Bord waren es so viele wunderschöne Momente. Alle Destinationen sind so unterschiedlich, dass es schwerfällt, sich zu entscheiden. Die gewaltigen Eisberge in der Antarktis z. B. haben ganz andere Gefühle in mir geweckt als die unglaublichen Sonnenuntergänge oder der Sternenhimmel in der Südsee. Wenn ich mich aber entscheiden müsste, dann ist es mein erster Hochseevertrag. Es war ein langer stressiger Tag und ich bin auf Deck gegangen, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Dann kam 30 Meter entfernt vom Schiff eine Orca-Familie, die uns ein ganzes Stück begleitet hat. In diesem Moment war ich so unglaublich glücklich, dass ich diese Karriere auf dem Expeditionsschiff gewählt habe.
Wie ist das Crew-Leben an Bord?
Đ: An Bord von Hapag-Lloyd Cruises gibt es klare Hierarchien. Es ist deutlich, wer welche Position hat und mit wem man für was sprechen muss. Nach Feierabend, wenn die Uniformen weg sind, fallen auch die Hierarchien weg. Dann ist es lockerer und entspannter. Wir verabreden uns in der Crew Bar auf Deck 9 und dann tratschen wir einfach, was so passiert ist an dem Tag und lassen ihn entspannt und gemeinsam ausklingen. Ich habe sehr viele Freunde an Bord kennengelernt. Mit einigen arbeite ich heute noch zusammen, andere fahren schon seit einigen Jahren nicht mehr zur See. In den letzten Jahren ist die Crew an Bord zu meiner Familie geworden, wenn ich nicht zu Hause sein kann.
Nach jedem Vertrag freut man sich, dass man endlich Urlaub hat, ist aber zeitgleich traurig, dass man die Menschen, mit denen man über mehrere Monate zusammengearbeitet und -gewohnt hat, erst einmal nicht wiedersieht. Aber ich weiß, dass wir verbunden sind und es auch bleiben werden.
Vielen Dank für den spannenden Einblick, Đorđe!
Zu den Jobs im Department Rezeption & Administration
Veröffentlichung: Januar 2024
